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Alt 01.06.2010, 18:32:35   #4
berndy
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Standard Kupplung ausbauen und reparieren

Vielen Dank an cha0s, der die Bilder der Kupplungsteile gemacht und mich auf einige Fehler aufmerksamgemacht hat.

Wie immer: Alle Angaben ohne Gewähr.

Eine Ölbadkupplung ist relativ verschleißarm. Meistens hält sie weit über 50000 km. Sollten die Beläge doch mal abgenutzt sein, die Kupplung trotz korrekt eingestellten Leerwegs rutschen, muss man nachsehen was los ist, also die Kupplung ausbauen.

Dazu muss der rechte Motorgehäusedeckel entfernt werden.


Vorbereitung:
Zuerst sorgt man für einen ordentlichen Arbeitsplatz. Licht ist ein Muss. Ich arbeite ungern im Dunkeln. Der Boden sollte nicht sandig sein. Wenn der Beton in der Garage mürbe ist, so wie bei mir, schadet es nicht einen großen Karton, ein großes Stück alten Fußbodenbelag oder ähnliches unter zu legen. Schafft sich einfach angenehmer, wenn was runter fällt, ist auch nicht gleich alles voller Dreck. Das Werkzeug sollte griffbereit sein. Wer Ordnung hält ist zwar nur zu faul zum Suchen, braucht aber weniger Zeit. Ein oder zwei Schachteln für Kleinteile sind auch nicht verkehrt. Da geht nichts verloren.


Jetzt geht’s los:

Zunächst Das Motoröl ablassen, es würde ohnehin auslaufen. Möglicherweise geht es auch, wenn man das Motorrad auf die linke Seite legt, ohne Ablassen des Öls. Aber das auf eigene Gefahr.

Danach muss man den Zündgeber von der Kurbelwelle entfernen. Dazu den kleinen Deckel mit den drei Schrauben entfernen.

Den Zündgeberrotor entfernt man in dem man die große Kontermutter mit einem Ringschlüssel (SW 19 mm) hält und die Befestigungsschraube entfernt.

Danach kann man den Rotor abziehen. Hierbei sollte man sich die Lage des Stiftes am Ende der Kurbelwelle merken (notieren, fotografieren nur nicht vergessen), der in den Schlitz des Rotors greift. Der passt nur in einer Position.

Der Rest kann im Motordeckel eingebaut bleiben. Man muss nur alle Kabelverbindungen hinter dem linken Seitendeckel und Kabelbefestigungen lösen, ist ja logisch, sonst kann man den Deckel nicht abnehmen. Da hilft nur gucken, nachdenken und handeln.

Wenn man alles gelöst hat, kann man die Gehäuseschrauben kreuzweise und in Stufen lösen. Das soll verhindern, dass sich der Deckel verzieht. Sinnvoller Weise merkt man sich die Lage der Kabelklemmen (Fotos machen, notieren, skizzieren), das erleichtert später den Zusammenbau. Achtung: Wer sie nicht gesehen hat, vergisst die beiden Schrauben im Kupplungsdeckel unter dem Zündimpulsgeber. Die müssen natürlich auch entfernt werden.


Wenn man es noch nicht getan hat, sollte man spätestens jetzt eine saugende Unterlage unters Motorrad legen, es könnte Öl auslaufen wenn man den Gehäusedeckel abhebt. Sollte der fest sitzen, nicht mit einem Schraubendreher oder Montiereisen hebeln. Dabei kann man den Deckel beschädigen. Besser mit einem Plastikhammer oder Hauthammer (der hat einen weichen Hammerkopf, ein Gummihammer tut es zur Not auch, ist aber größer und schlechter zu handhaben), ringsum mit leichten Schlägen gegen den Deckel klopfen, der löst sich dann besser. Dabei aufpassen, dass man keine Schrammen in den Lack macht. Aber erst nachsehen ob auch alle Schrauben entfernt wurden.

Wenn man den Deckel schon ab hat, kann man auch gleich die Dichtung bzw. ihre Reste entfernen. Aufpassen, dass die beiden Passhülsen nicht verloren gehen. Dafür haben wir ja unsere Kleinteileschachtel in der sich bereits der Zündgeberdeckel mit seinen Schrauben, die Gehäuseschrauben, die Kabelklemmen, der Zündgeberrotor und die Befestigungsschraube befinden sollten.

Nachdem die Dichtungsreste entfernt sind, kann man den Gehäusedeckel zur Seite legen. Am Besten mit der Dichtfläche nach unten auf einen Karton oder ein paar Lagen Zeitungspapier, Lappen tun es auch. Halt so, dass nichts passieren kann und dass keiner drauftritt, drüberfällt.

Nun sollten wir auf die Kupplung blicken können.

Anmerkung: Die Zahlen in Klammern bezeichnen die Bauteile wie sie in der Zeichnung abgebildet sind.

Als nächstes werden die Druckplattenschrauben (1) der Kupplungsdruckplatte (4) Schritt für Schritt und über Kreuz gelöst. Das macht man so lange, bis die Kupplungsfedern (3), die sich um die Schrauben befinden, entlastet sind.

Wenn sich die Kupplung beim Schrauben mitdreht, kann man die, sofern der Motor noch im Rahmen eingebaut ist, mit eingelegtem Gang mit der Hinterradbremse festhalten. Dazu braucht man einen 2. Mann/Frau oder eine Hilfskonstruktion. Es gibt auch spezielle Gegenhalter. Man kann auch einen Lappen zwischen die Zahnräder des Primärantriebs stecken, das blockiert das Ganze auch. Manchmal liest man auch, dass man einen Schraubendreher in die Zahnräder stecken kann. Dabei könnten aber die Zähne der Zahnräder beschädigt werden.

Hat man alle Schrauben (1) gelöst, kann man diese, die Hülsen (2) und die Federn (3) herausziehen. Ich würde jetzt eine 2. Schachtel damit befüllen, damit es später keine Verwechslungen gibt.

Nun kann man die Druckplatte (4) herausziehen. Danach kann man die Druckscheibe (5), das Ausrücklager (6) und den Druckpilz (7) entnehmen. Der Druckpilz hängt entweder an der Druckscheibe (6) oder in der Eingangswelle. Man kann jetzt auch die rechte Hälfte der Kupplungsdruckstange (19) herausziehen, dazu müsste man die Druckstange von links durchschieben oder den Motor nach rechts kippen. Muss man aber nicht unbedingt herausnehmen. Alles wieder in die 2. Schachtel legen.

Jetzt greift man sich das ganze Paket Kupplungsscheiben (8 und 9) und nimmt die als Ganzes aus dem Kupplungskorb. Wenn man die Scheiben nicht wechseln will/muss, müssen die so auch wieder eingebaut werden, man darf die Reihenfolge und die Einbaulage also nicht verändern. Das sollte man beim Inspizieren bedenken. Wenn man das Paket trennt - muss man zwangsläufig, wenn man die Belagstärke und den Verzug messen will - dann so, dass man es später wieder richtig zusammensetzen kann. Am Besten irgendwie markieren (Vorschlag: eine Stelle quer über alle Scheiben entfetten und einen Strich mit einem Edding drüberziehen, die Markierung am Kupplungskorb nicht vergessen).

Wenn die Scheiben verschlissen oder über die Toleranz hin verzogen sind, werden sie getauscht.

Die Einbaudicke der Belagscheiben beträgt 2,92 – 3,08 mm.
Die Verschleißgrenze liegt bei 2,62 mm.
Die Laschen an den Belagscheiben haben eine Breite von 15,8 – 16 mm
Das Verschleißmaß beträgt 15 mm
Der Verzug der Stahlscheiben darf 0,1 mm nicht übersteigen.
Die freie Länge der Federn soll 60,8 mm betragen.

Die Handhabung eines Messschiebers oder einer Bügelmessschraube setze ich voraus. Die Belagstärke und die Federlänge kann man wie gehabt ausmessen.

Die Stahlscheiben legt man auf eine Richtplatte oder eine Glasplatte und hält sie mit der Hand fest ohne von oben zu drücken. Eine Fühlerblattlehre von 0,1 mm Stärke versucht man darunter zu schieben. Gelingt das, ist die Scheibe zu stark verzogen.
Sind die Stahllamellen blau verfärbt, wurden sie zu heiß. Diese sollte man auch tauschen.

Die Kupplungsscheiben sollte man als Satz tauschen.

Sind keine Beschädigungen an den Zinken des Kupplungskorbes zu sehen und man will keine weiteren Arbeiten am Motor durchführen, kann man hier mit dem Zerlegen aufhören.

Leichte Druckstellen kann man eventuell mit einer Schlichtfeile egalisieren.

Den Kupplungskorb sollte man nur ausbauen, wenn er ersetzt werden soll oder wenn Arbeiten an der Ölpumpe, die sich hinter dem Kupplungskorb befindet, notwendig sind.

Dazu muss man zunächst die Laschen der Sicherungsscheibe (11), welche die große Mutter (10) in der Kupplungsnabe (12) sichert, aufbiegen. Das macht man am Besten mit einem geeigneten Schraubendreher. Die Sicherungsscheibe (11) sollte man immer ersetzen. Ein loser Kupplungskorb kann schon einen erheblichen Schaden verursachen.

Nun muss man die Eingangswelle blockieren. Entweder wieder mit der Hinterradbremse oder man nimmt einen Kupplungsgegenhalter Suzuki-Werkzeug (Teilenummer 09920-53710). Die Kupplungsmutter sollte mit 40 – 60 Nm angezogen sein, man muss also schon ordentlich gegenhalten.

Das Teil könnte auch funktionieren.
http://www.louis.de/_408eb9aa672e9e9...3617&anzeige=0

Ist die Mutter (10) lose, kann man die Kupplungsnabe (12) und die äußere Druckscheibe (13) von der Welle nehmen.

Danach kann man den Kupplungskorb (14) und die innere Druckscheibe (18 )von der Welle ziehen.

Auf der Rückseite des Kupplungskorbs (14) ist das Ölpumpenantriebszahnrad (16) mit einem Seegerring (Sprengring) (17) gesichert. Zum Ausbau des Zahnrades den Seegerring (17) mittels einer passenden Seegerringzange öffnen und abziehen. Das Ölpumpenzahnrad (16) ist am Kupplungskorb (14) noch mit einem Stift (15) gegen verdrehen gesichert.

Der Einbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.

Müssen die Belagscheiben ersetzt werden, sollte man die vor dem Einbau über Nacht in Motoröl einlegen.

Die Schrauben der Kupplungsdruckplatte zieht man mit 4 - 6 Nm, also handfest, an.

Bevor man den rechten Motorgehäusedeckel montiert, unbedingt den darin eingebauten Simmerring zum Kurbelwellenstumpf prüfen. Gegebenenfalls ersetzen. Den Kurbelwellenstumpf mit Motoröl schmieren, bevor man den Simmerring drüberstülpt.

Vor dem Zusammenbau nochmals alle Teile auf Zustand und Verschmutzung kontrollieren.

Neue Dichtung auflegen. Die sollte eigentlich auf den Passhülsen halten. Wenn sie verrutscht, kann man mit einigen Tupfen Dichtmasse die Dichtung etwas anheften. Man sollte aber auch daran denken, dass man die eventuell später wieder entfernen muss. Am Besten nimmt man daher eine Dichtmasse, die man auch leicht wieder entfernen kann. Sparsam damit umgehen. Was zuviel ist, drückt sich nach außen und kann Ölkanäle verstopfen.

Die Gehäuseschrauben mit den Kabelklemmen einsetzen und wieder Schritt für Schritt über Kreuz festziehen.

Allgemein gilt:
Das Anzugsmoment sollte bei den 6 mm-Gehäuseschrauben 9 - 13 Nm und bei den 8 mm-Gehäuseschrauben 20 - 24 Nm betragen.

Die Kabel wieder richtig verlegen und alles anschließen. Gut, dass man ein Foto gemacht hat.

Den Zündgeberrotor montieren. Anzugsmoment der Schraube 17 - 23 Nm. Zündgeberdeckel montieren.

Nochmal kontrollieren: Sind Teile übrig?

Ein Öl- und Filterwechsel würde sich anbieten, jetzt wo man gerade dabei ist. Man muss ja eh nur noch den Filter wechseln.

Öl auffüllen nicht vergessen!

Probelauf, alles dicht?

Geschafft.

Bilder:
von links nach rechts:

- Druckplatte (4) mit Schrauben (1), Hülsen (2) und Federn (3)
- neben der Druckplatte (4) die Druckscheibe (5), das Ausrücklager (6) und der Druckpilz, daneben die Kupplungsmutter (10) und das Sicherungsblech (11)
- die Kupplungsnabe (12) mit der äußeren Druckscheibe (13)
- der Kupplungskorb (14)
- die Belagscheiben ( 8 ) und Stahlscheiben (9)
- die Rückseite der Druckplatte (4) oben, der Kupplungsnabe (5) links und des Kupplungskorbs (6) rechts. Am Kupplungskorb kann man den Stumpf erkennen, auf dem das Ölpumpenantriebszahnrad (16) sitzt, wenn man genau schaut erkennt man auch den Stift (15)
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