06.01.2025, 09:21:05 | #1 |
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Start nach über 10 Jahren und Wiederzulassung mit minimalem Umbau
Hier meine Story!
Ich hoffe, dass es Euch als gute Orientierung für die Wiederinbetriebnahme und für kleinere Umbauten (siehe weiter unten) dient. Hintergrund: Meine GS Baujahr 1992 in der Farbkombi Rot mit pinken Original Suzuki Aufklebern war das erste gemeinsame Motorrad meiner Eltern. Nachdem die Maschine von 2004 bis 2014 keine 1000km mehr benutzt wurde, wurde die GS von meinen Eltern an Freunde in die Eifel verschenkt. Leider wurde sie dort nur in 2014 kurz gestartet und einmal um den Block gefahren. Danach wurde sie abgemeldet und stand von 2014 bis 2024 ohne Abdeckplane unter einem undichten Carport. Nach dem frühen Tod meines Vaters im Sommer 2024, kontaktierten mich die Besitzer der GS und boten an, dass ich die Maschine gerne abholen könnte, da mein Vater zu Lebzeiten immer wieder von einer Wiederinbetriebnahme der schönen Maschine schwärmte. Es ging los: Im Herbst 2024 holte ich die Maschine in der Eifel per Hänger ab und brachte sie zu einem Freund der alles an Hallen und Werkzeug parat hat (Kreis Euskirchen). Rahmen zeigt überall leichte Roststellen, aber Substanz ist in Ordnung. Wie durch ein Wunder, sieht der Auspuff top und ohne Rost aus, obwohl der am exponiertesten dem Wetter ausgeliefert sein musste. Überall war Moos und Mock an der Maschine = Hochgradig verwitterter erster Eindruck, platte Reifen und verranzter Zustand. Leider waren auch die Schlüssel nicht mehr auffindbar, aber nach ewig langer Suche zumindest die Papiere. Glück im Unglück: Das Lenkradschloss wurde nicht genutzt, sodass wir die GS schieben konnten. Tachostand: 21.000 km. Schritt 1 (Reinigen) Motorrad wurde vom Hänger geladen und mit einem Hochdruckreiniger vorsichtig vom Mock der letzten 10 Jahre befreit. Mir war klar, dass alle Flüssigkeiten inklusive Öl noch von 2004 sein müssten. Der Sprit war auf jeden Fall von vor 2014 und die Reifen von 2001 natürlich spröde von der Witterung. Schritt 2 (Tank und Vergaser) Tank und Vergaser sichten. Die Suppe im Tank hat, entgegen aller Erwartungen, den Tank halbwegs konserviert . Außer minimaler Patina im Tank war alles in Ordnung. Einmal mit 5 Liter frischem Super Plus durchgespült und alles gut ohne Partikel im Sprit. Vergaser ausgebaut und siehe da: Keine Verunreinigungen (?!). Ich kann nicht mehr sagen, wie der Sprithahn eingestellt war, aber es war auf jeden Fall die richtige Einstellung für eine lange Standzeit. Vergaser zur Sicherheit mit Druckluft gereinigt, um auf Nummer Sicher zu gehen. Schritt 3 (Neue Schlüssel: Schlösser verbauen und Elektrik testen) Bei Kleinanzeigen habe ich für 50 Euro original GS Schlösser inklusive einem Schlüssel gefunden: Zündschloss, Tankdeckel mit Schloss und Sitzbankschloss. Alles eingebaut. Dann eine neue Batterie besorgt und die Elektrik geprüft: Alle Lampen und Lichter funktionierten. Nur die Hintergrundbeleuchtung am Tacho war kaputt. Zwischenschritt Bier und Ballistol Empfehlung: Schrauben macht im Team mehr Spaß. Mein Kumpel, der mich durchweg beim Schrauben tatkräftig unterstützt hat, und ich haben aus jeder Schraubersession einen schönen Tag mit Bier und Pizza gemacht. Nach dem ein oder anderen Bier, kam uns die Idee die GS komplett mit Ballistol zu konservieren, damit vor der Inbetriebnahme alle Dichtungen, die noch in Ordnung waren und alle Gummi, Plastik- und Metallteile eine verdiente Kur erhielten. Gesagt getan: Ein paar Bier in den Kopf und eine halbe Pulle Ballistol an die GS. Vorteil: alle Seilzüge, der komplette Motor, der Auspuff, der Rahmen der komplette Vergaser und eigentlich alle Teile, wo man sonst schwer dran kommt, wurden das erste Mal seit Jahrzehnten gepflegt = Beste Grundlage für ein zweites GS Leben. Schritt 4 (Ölwechsel, neue Zündkerzen, neue Kette und Ritzel und erster Startversuch) Neue Zündkerzen aus Prinzip verbaut. Ölablassschraube aufgedreht und die schlimmste schwarze Plörre meines Lebens ablaufen lassen. Neues Liqui Moly 10w 40 Street Öl eingefüllt. Filter wollte ich vorerst nicht wechseln, da die Maschine erstmal laufen sollte, damit sich alle Ablagerungen lösen. Neue Kette und Ritzel verbaut und natürlich alle Ablagerungen im Gehäuse penibel entfernt. Dann erster Startversuch: Maschine sprang sofort, aber wirklich sofort, an. Einer der schönsten Momente. Schade, dass mein Vater das nicht mehr erleben durfte. Maschine lief perfekt, auch wenn das Standgas erstmal mit der Schraube eingestellt werden musste und die Drehzahl mit dem nicht sauber eingestellten Choke sehr schnell auf 4.000 u/min anstieg. Das Problem wurde behoben und anschließend ließen wir die Maschine erstmal 45min im Stand laufen und schalteten dabei einmal alle Gänge auf dem Hauptständer durch. Kettenspiel wurde eingestellt und auch die Kupplung für 5min gezogen, damit (theoretisch) alle Ablagerungen vom Öl abgetragen werden konnten. PS: Natürlich hat die GS für 20min aus allen ansatzweise erhitzen Teilen direkt nach den ersten 5 Sekunden angefangen zu qualmen, dank unserer „Ballistol Kur“. Meine Empfehlung auch ohne diese Kur: Nach langer Standzeit immer draußen ordentlich ausqualmen lassen. Schritt 5 (erster Testfahrt auf abgesperrter Strecke) Bremsflüssigkeit haben wir gewechselt, da die Bremsen vorher ohne Funktion waren. Mit viel Pumpen haben wir die alte Brühe und die letzten Stücke rausbekommen, bevor frische Bremsflüssigkeit vorne und hinten reingefüllt werden konnte. Die Klötze sahen gut aus und wurden drin gelassen. Auch die Scheiben sind praktisch ohne konkreten Verschleiß. Die alten Reifen habe wir mit Ach und Krach aufgepumpt und sind damit vorsichtig auf einem privaten Fabrikgelände 10km gefahren. Beim nächsten Mal würde ich erst neue Reifen montieren. Also bitte macht das nicht nach. Das hat sich angefühlt, als ob man auf Steinen ohne Grip fährt. Lebensgefahr! Der Motor verhielt sich einwandfrei und funktioniert perfekt. Schritt 6 (Zweiter Ölwechsel mit Filter) Ölablassschraube aufgedreht und Filter ausgebaut. Der Filter sah schon wild zerfranst aus. Die warme Plörre aus dem Ölablass, war die zweitschlimmste Plörre, die ich nach dem ersten Wechsel je gesehen habe. Gut zu wissen, was sich da alles löst: Da waren auch dicke Klumpen, wie aus alter Knete mit im Öl. Neues Liqui Moly 10w 40 Street Öl rein, neuer Filter, neue Feder für den Ölfilter, neue Dichtungen etc. Alles zusammengebaut. Schritt 7 (Neue Gabel und neue Reifen) Die Gabel und vor allem die Eintauchrohre waren komplett mit Rostpinkeln voll. Habe eine frisch gewartete GS Gabel bei Kleinanzeigen eines 92er Modells für knapp 150 Euro gekauft und eingebaut. Danach dann neue Dunlop Sportmax Q-Lite vorne und hinten verbaut. Schritt 8 (Lenker Upside-Down Umbau mit Originalteilen und glasfreien Motogadget Rückspiegel) Der GS 500 Lenker kann einfach auf Upside-Down ohne großen Aufwand umgebaut werden, sodass die Klemmblöcke der Lenker nicht nach oben sondern nach unten zeigen. Nach ein paar Bier, haben wir das direkt umgesetzt und dann fiel uns noch auf, dass noch nicht mal die Leitungen angepasst werden müssen. Also alles auf Upside-Down gelassen und noch schicke Rückspiegel montiert. Nebenbei haben wir den hässlichen Spritzschutz unter dem Kennzeichen abgebaut und ein kurzes kleines Katzenauge angebaut, damit alles weiterhin TÜV konform bleibt. Jetzt sieht die GS nicht nur wunderschön aus, sondern hat auch wieder die Zulassung erhalten und läuft einwandfrei ohne, dass der Motor (bisher) jemals geöffnet werden musste. Den nächsten Ölwechsel mit Filter mache ich in 2025 nach 1000km, um auf Nummer sicher zu gehen. Danach mindestens alle 6.000km oder hier und da auch früher, wenn ich wieder so einer schlimmen Plörre, wie zuvor, begegne. Einige Details würden hier den Rahmen komplett sprengen, daher hier die Liste meiner Kosten und benötigen Teile: Transparente Aufschlüsselung der Kosten - 20 Euro für Hänger und Sprit - 57 Euro für Schlösser und Schlüssel - 26 Euro für Öl - 35 Euro für original Suzuki Dichtungen und Schrauben - 2 Euro für Glühbirnen - 190 Euro für neue Reifen und Gewichte - 80 Euro für neues Kettenset mit Ritzeln - 20 Euro für original Suzuki Motoraufkleber - 147 Euro für gebrauchte frisch gewartete Gabel - 20 Euro für Reifenwechsel - 6 - 10 Euro für weitere Kleinteile: Schrauben & Unterlegscheiben - 20 Euro für Kupplungshebelhalterung, da abgebrochen - 30 Euro für kurzer Lenkerendengewichte - 13 Euro für neues Katzenauge und Halterung - 10 Euro für CNC-Verschlussstopfen der original Rückspiegelhalterung - 160 Euro für Motogadget Mo.View Street - 10 Euro für Gabelholmprotektoren = knapp 900 Euro (Bier, Ballistol, Pizza und TÜV sind nicht berücksichtigt) Arbeitsstunden ohne Zeitdruck: 1 Woche zwischen Anfang Herbst bis einen Tag vor Weihnachten verteilt. Falls man sich sieht, Fragen zum Schrauben hat oder einfach GS fahren möchte: Ich habe meine Wurzeln im Kreis Euskirchen in der Eifel und wohne in Bonn. Bin überall unterwegs mit der GS. Auch im Ausland! Schreibt mir gern, falls Ihr Fragen habt oder Bilder von meiner Maschine sehen wollt. Geändert von Blackbird (06.01.2025 um 10:16:13 Uhr) |
06.01.2025, 09:34:19 | #2 |
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Danke für den Bericht und das Nicht-Schlachten der GS.
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GS500 - mehr Mopped braucht kein Mensch! |
06.01.2025, 10:24:25 | #3 |
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Danke Dir!
Nicht wundern, wenn ich Details am Beitrag ändere, handelt es sich um Ergänzungen. Zum Beispiel hatte ich den Bremsflüssigkeitswechsel vergessen Mein Ziel mit dem Beitrag ist tatsächlich, dass weniger GS geschlachtet werden und dass diese Schritt für Schritt Anleitung die Hemmschwelle vor der Wiederinbetriebnahme reduziert. Es ist nicht nur günstig sondern auch unfassbar einfach diese Maschinen wieder ans Laufen zu bringen. Und das sag ich als jemand der eigentlich sehr wenig schraubt Vor allem: Die Maschine ist nach all den Schritten praktisch wie neu, wenn man sich die Verschleißteile anschaut. Kein vierstelliger Betrag muss investiert werden, damit Du hier eine luftgekühlte leichte Maschine mit 47 PS hast, die über 10.000 u/min dreht. |
06.01.2025, 13:29:49 | #4 |
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Schöne Geschichte, vielen Dank.
Eine kleine Anmerkung, die GS 45min im Stand laufen zu lassen ohne Fahrtwindkühlung ist jetzt nicht soooo super. Es sind zwar keine 30 Grad draußen, aber dennoch tust du der GS damit kein Gefallen. Lieber behutsam warm fahren dann hält der Motor locker über 100.000km. Außerdem läuft die Zündung von der Batterie unterstützt. Das heißt die Batterie ist irgendwann leer. Damit der Ladestrom ausreicht braucht die GS Drehzahl . Die Ventilspielkontrolle alle 6000km sollte ebenfalls beim Ölwechsel mitgemacht werden . |
06.01.2025, 15:24:47 | #5 |
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Schöne Story nur die Bilder fehlen.
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Duracell ist Scheiße |
06.01.2025, 22:30:19 | #6 |
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Hier findet Ihr die Bilder vor der Wiederinbetriebnahme
Musste die Fotos leider umständlich verkleinern, aber Upload müsste nun funktioniert haben |
06.01.2025, 22:32:29 | #7 |
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So sieht die Lady in Red nun aus
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07.01.2025, 08:16:35 | #8 |
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Schöne GS. Bist du dir sicher, dass du mit den Lenkern so auf Dauer glücklich wirst? Vielen sind die Lenkerstummel schon in der originalen Montageweise zu niedrig und sie rüsten auf Superbike-Lenker um.
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Man sollte es so oder so nicht übertreiben. |
07.01.2025, 09:16:32 | #9 |
Neuer Benutzer
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Kilometer: 21.000
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Danke Dir!
Tatsächlich fahre ich mit der GS eher bei schönem Wetter flotte Tagestouren. Wenn Reisen bis zu einer Woche auch angenehm mit der aktuellen Lenkerposition funktionieren, dann bleiben die so Richtig weite und lange Touren mit sehr schnellen Autobahn-Etappen mache ich, wie bisher, mit meinem ersten gekauften Motorrad: Honda CBR 1100 XX Super Blackbird mit Superbike-Lenker Habe damals meinen Motorradweg anders als die meisten Leute gestartet: Nämlich von sehr PS starken Motorrädern zu leichteren schwächeren Maschinen. Mit Vernunft geht das, aber ist kein Muss |
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motor, standzeit, tüv, wiederinbetriebname, ölwechsel |
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